Deutsch Intern
Department of General Practice

TdA 2021

4. Tag der Allgemeinmedizin 13.10.2021 - Rückblick -

 

Im Oktober dieses Jahres lud das Institut für Allgemeinmedizin am Uniklinikum Würzburg zum vierten Mal zu einem Fortbildungstag mit hochrelevanten hausärztlichen Themen ein. Beispielsweise beschäftigte sich der Einführungsvortrag mit adäquaten Antworten auf häufig gestellte, kausale Patientenfragen wie: Warum hat mich diese schwere Krankheit getroffen?

Auch das Erfüllen der aufwändigen Hygieneanforderungen der Corona-Pandemie konnten das Institut für Allgemeinmedizin am Uniklinikum Würzburg (UKW) nicht davon abhalten, am 13. Oktober 2021 den nunmehr 4. Tag der Allgemeinmedizin erneut als Präsenzveranstaltung anzubieten. Hausärzt*innen und Medizinische Fachangestellte sowie Ärzt*innen in Weiterbildung und Studierende waren eingeladen, aus insgesamt 14 Workshops die für sie jeweils interessantesten auszuwählen. Den größten Zuspruch der rund 100 Teilnehmer*innen erfuhren das Disease-Management-Programm bei Diabetes, die ärztliche Leichenschau, die Herausforderungen durch kognitive Alterung und Demenz sowie Antworten auf die Frage „Welche Kinder muss die Kinderklinik unbedingt sehen?“.

Gedanken zum Kausalitätsbedürfnis der Patient*innen

Für den Hauptvortrag vor dem Plenum des Infotages im Hörsaal des Rudolf-Virchow-Zentrum konnten Prof. Dr. Ildikó Gágyor und Prof. Dr. Anne Simmenroth, die Leiterinnen des Instituts für Allgemeinmedizin, in diesem Jahr Prof. Dr. Norbert Donner-Banzhoff von der Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin der Philipps-Universität Marburg gewinnen. Der Experte lieferte Denkanstöße zu den Hintergründen und dem Umgang mit dem Kausalitätsbedürfnis vieler Patient*innen. Ein Bedürfnis, das sich in Fragen äußert wie: Warum bin ich von dieser schweren Krankheit betroffen? Warum musste mir das ausgerechnet jetzt passieren? Oder auch: Warum habe ich nicht früher den Notarzt gerufen?

Probabilistische Zusammenhänge

Am Beispiel der Verbindung zwischen Rauchen und Koronaren Herzerkrankungen machte der Gastredner deutlich, dass die in medizinischer Lehre und Alltag zu oft angenommenen – und auch den Patient*innen gegenüber kommunizierten – deterministischen Gesetze völlig fehl am Platze sind. „Tatsächlich sind die Zusammenhänge probabilistisch“, betonte Donner-Banzhoff. Das bedeutet, dass immer nur Aussagen zu gewissen Wahrscheinlichkeiten  getroffen werden können. Bezogen auf den Erkrankungsgrund hält es der Professor gerne mit dem britischen Statistiker Sir David Spiegelhalter, der feststellte: Wenn man Krebs hat, ist das zunächst einmal Pech.

Genau hinhören – und möglichst kein Raum für das Thema Schuld

Für die ärztliche Praxis empfahl der Referent den Zuhörer*innen, Warum-Fragen am ehesten mit Formulierungen wie „Es könnte sein, dass…“ zu beantworten. Ganz wichtig sei es ferner, auf keinen Fall Schuldgefühle oder Schuldzuweisungen zu fördern. „Darüber hinaus ist oft ein genaues Hinhören gefragt, denn unsere Patientinnen und Patienten stellen die Warum-Frage oft indirekt“, riet Prof. Donner-Banzhoff.


Key Lecture

Frau Doktor, warum ich?“ - Überlegungen zu klinischer Kausalität

Prof. Dr. med. Norbert Donner-Banzhoff, MHSc. - Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg

Patientinnen fragen ihre Ärztinnen, warum ihre Erkrankung sie getroffen hat. Die Antworten, die sie erhalten, halten einer wissenschaftlichen Kritik oft nicht stand. Zudem führen sie oft zu Schuldgefühl und Verzweiflung.


Workshops

DMP-Diabetes – neue Leitlinien – neue Medikamente? - Dr. med. Til Uebel

Neben der Einführung der SGLT-2-Hemmer und der Inkretinmimetika hat die neue NVL Diabetes Mellitus Typ 2 mit weitere Neuerungen für Furore gesorgt. So soll Patienten der Nutzen und der Schaden eine Blutzuckersenkung anhand der Number needed to treat (NNT) im individuellen Fall ausführlich erklärt werden. Doch wie so etwas tun?  Gemeinsam nähern wir uns in diesem Seminar diesem Thema. Auch weitere Neuerungen aus der aktuellen Literatur, zum Beispiel zur Diagnostik, werden dargestellt.

 

Die Ärztliche Leichenschau - Prof. Dr. med. Michael Bohnert

Die ärztliche Leichenschau dient neben der Feststellung des sicher eingetretenen Todes der Bestimmung des Todeszeitpunkts, der Todesursache, der Todesart und der Identität der Verstorbenen. Typische Fehler sind die Verwechslung von Todesart und Todesursache, das Verkennen von diskreten Verletzungsbefunden und das Nichtbeachten von Meldepflichten. Im Workshop werden die rechtlichen Hintergründe dargestellt und Tipps für das praktische Vorgehen gegeben.

 

 „BayFoNet – Vision für nachhaltiges Forschen“ - Prof. Dr. med. Ildikó Gágyor und Christian Kretzschmann

Mit dem Bayerischen Forschungsnetz in der Allgemeinmedizin (BayFoNet) bauen wir ein nachhaltiges und unabhängiges Netzwerk an forschungsinteressierten Praxen in Bayern auf. Dafür benötigt es eine langfristige gemeinsame Vision. Ausgehend von Ihren Wünschen und Erwartungen möchten wie diese im Workshop zusammen mit Ihnen entwickeln.  Gemeinsam möchten wir dann überlegen, was mit der Vision erreicht werden soll und welche strategischen Ziele dafür notwendig sind. Eingeladen sind alle BayFoNet-Mitgliedspraxen sowie forschungsinteressierte Hausärzte*innen und deren Teams.

 

Prüfungs-/ Didaktik für Hausärzte - Prof. Dr. med. Anne Simmenroth 

Mündlich-praktische Prüfungen fair und valide zu gestalten, ist eine echte Herausforderung – dabei eignet sich unser Fach besonders gut, um Untersuchungstechniken, gestufte Diagnostik und differentialdiagnostisches Denken zu prüfen. Wir werden uns im Prüferworkshop mit prüfungsdidaktischen, rechtlichen und praktischen Aspekten zur Erstellung von Prüfungsfällen befassen.

 

Werkzeugkasten: „Modul 4 - Das Genie beherrscht das Chaos –Praxisorganisation“ (durchgehend bis 18:45 Uhr!) - Dr. Susanne Beyn und Dr. Robert Lübeck

Sie/Ihr sind/seid neu oder noch gar nicht niedergelassen? Wir wollen Ihnen/euch Hilfestellung geben, eine gut organisierte und durchdachte Sprechstundenplanung zu etablieren. Dazu gehört die Definition von Sprechstundensystemen, wir sprechen über Wartezeiten und die Vermeidung eben dieser, wir geben Tipps für die Umsetzung einer sinnvollen Terminplanung im Praxisalltag.

Begrifflichkeiten wie Sprechstundenbedarf und Praxisbedarf werden differenziert dargestellt, es geht um delegationsfähige Arbeiten, Sprechstundenorganisation von Arzt und MFA. Wir zeigen, was aus einer Praxis-EDV herausgeholt werden kann und wollen auch die Möglichkeit von Arbeiten mit Checklisten nicht zu kurz kommen lassen.

 

Corona in der hausärztlichen Praxis – Forschung und deren Konsequenzen - Dr. med. Hanna Schrader, Sandra Parisi und Jörn Rohde

Im vergangenen Jahr konnten wir zahlreiche Forschungsprojekte zum Thema Corona und dessen Folgen umsetzen. Bei vielen dieser Projekte haben Sie uns als Hausärzt*innen tatkräftig unterstützt. Nun möchten wir unsere Ergebnisse zu Themen wie z.B. COVID-19 Diagnostik, Erfahrungen von Patient*innen mit der Erkrankung und Krankheitsfolgen, sowie Erfahrungen von Hausarztpraxen während der Pandemie präsentieren und gemeinsam mit Ihnen diskutieren, was diese Resultate für den Alltag in der hausärztlichen Praxis bedeuten könnten.

 

Vorbereitung auf die FA-Prüfung Allgemeinmedizin - Dr. med. Manfred Lohnstein

Der Kurs zeigt die Abläufe der Prüfung in der Ärztekammer. Geübt werden ausgewählte und typische Prüfungsfragen. Jede/r Teilnehmer/in sitzt dann einmal auf dem Prüfungsstuhl und kann dabei die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten darstellen. Zur Rückmeldung dient das anschließende Feedback.

 

Richtiges Abwägen von PatientInnenanliegen am Telefon - was entscheide ich, was die Ärztin/der Arzt, wann ist es ein Notfall? - Bastian Samfaß

Notfall oder Sprechstundentermin? Die richtige Einschätzung eines Patienten bei einem Notfall ist ein wichtiger Bestandteil der Rettungskette. In diesem Workshop werden Ihnen anhand von Fallbeispielen und vereinfachten Strukturen aus der Notfallabfrage der Rettungsleitstellen,  Entscheidungshilfen für den Praxisalltag vermittelt.

 

"Das kann doch nicht so schwierig sein!" - Motivation zur Verhaltensänderung in der Hausarztpraxis - Elena Tiedemann, M.Sc. Und Dipl.-Psych. Maike Krauthausen

Beratungen  in der Hausarztpraxis können dabei helfen, Patienten mit verhaltensbedingten Risikofaktoren bei einer Änderung ihrer Gewohnheiten zu unterstützen. Unser Workshop vermittelt Kenntnisse zur Beratung am Beispiel von Adipositas und dem riskantem Alkoholkonsum bei Jugendlichen und Erwachsenen. Zudem soll es Gelegenheiten geben, solche Beratungssituationen in praktischen Übungen zu trainieren.

 

Notfalltraining für Praxisteams (durchgehend bis 18:45 Uhr!) - Prof. Dr. med. Thomas Wurmb

Der Schwerpunkt des Workshops liegt auf der Herz-Lungen Wiederbelebung bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand. Kompetentes Handeln im Notfall ist eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung einer  solchen Notfallsituation. Wir vermitteln Ihnen nicht nur die technischen Basisfähigkeiten zur korrekten Durchführung einer Reanimation sondern üben auch das komplexe Zusammenspiel eines interprofessionellen Behandlungsteams.

 

Vernetzung Hausarzt / Mamma-CA - Prof. Dr. med. Achim Wöckel

Das Mammakarzinom ist der häufigste maligen Tumor der Frau. Häufig führt der erste Weg über den Hausarzt in die Frauenklinik. Aber auch neuere Therapien und die Nachsorgesituation nach der Primärbehandlung im Brustzentrum erfordern spezielle Kenntnisse in der ambulanten Versorgung, die im Rahmen des Workshops vermittelt werden sollen.

                                   

„Das Kreuz mit dem Kreuz“ - Dr. med. Hans-Jörg Hellmuth

Hexenschuss und Co. beschäftigen uns täglich in der Praxis. Oft sind das funktionelle Störungen am Übergang Wirbelsäule zu Becken (ISG = Iliosakralgelenk) die man gut untersuchen und auch leicht "mobilisieren" kann. Tipps zur Untersuchung und Therapie mit "Handson".

 

DMP-COPD - Neues und Bewährtes - Dr. med. Helmut Holle

Der Workshop vermittelt praktisch anwendbares aktuelles Wissen zur Diagnostik und Therapie der COPD.

Geplante Themenschwerpunkte in diesem Jahr:

- COPD und Adipositas

- Dyspnoe und typische Anamnese ohne Obstruktion

- COPD im Covid-19 Lockdown

 

Fahreignung im höheren Lebensalter und bei chronischen Erkrankungen - Dr. phil. Yvonne Kaußner

Im Workshop „Fahreignung im höheren Lebensalter und bei chronischen Erkrankungen“ werden zunächst die rechtlichen Begrifflichkeiten und Rahmenbedingungen zur Thematik erläutert. Weiterhin werden Unfallstatistiken sowie einschlägige empirische Befunde zur Fahrleistung präsentiert. Der Schwerpunkt wird dabei neben rein alterskorrelierten Einbußen auf Erkrankungen und Medikamenten liegen, mit denen der Hausarzt im Rahmen der Primärversorgung am häufigsten konfrontiert wird. Basierend darauf sollen Handlungsempfehlungen für die Praxis abgeleitet und gemeinsam diskutiert werden.

 

Achtung Eisberg! Wie navigieren zwischen kognitiver Alterung und Demenz? Experten-Update und Perlensuche in, aus und für die Praxis - Dr. med. Michael Schwab

Hilfe mein Gehirn altert! Ist das noch normal oder werde ich dement?

Der Hausarzt ist der erste Ansprechpartner:

Was fragen, was sagen, was tun und was besser lassen.

Standortbestimmung und Ausblick mit Extrablick über den Tellerrand.

 

Welche Kinder muss die Kinderklinik unbedingt sehen? Der typische Fall - Prof. Dr. med. Juliana Spiegler, Prof. Dr. med. Johannes Wirbelauer, Dr. med. Katrin Ergezinger, Dr. med. Michael Wohlleben

In einem Workshop möchten wir mit Ihnen die Schnittstelle zwischen ambulanter hausärztlicher Medizin und der im Einzelfall erforderlichen Maximalversorgung von Kindern darstellen. Die Besonderheit des Kindes- und Jugendalters ist in der Frühgeborenenmedizin evident. Aber auch in allen anderen Lebensphasen des Heranwachsens sind gelegentlich einzigartige medizinische Diagnosen zu stellen. Anhand von plakativen Beispielen werden von Expert*innen der Universitäts-Kinderklinik Situationen vorgestellt, die der besonderen kinderärztlichen Expertise bedürfen. Wir bearbeiten mit Ihnen Besonderheiten und Fallstricke der kinderärztlichen Versorgung und wollen so dazu beitragen, dass Sie im KV-Dienst sichere Entscheidungen für akut kranke Kinder treffen können, die einer stationären pädiatrischen Versorgung bedürfen.

 

Ambulante Unterdruckwundtherapie (NPWT) - Tina Väth B.Sc. und PD Dr. med. Johan Lock

Die NPWT (Negativ-Pressure-Wound-Therapy) ist eine etablierte Wundbehandlungsmethode zur Behandlung von postoperativen Wundheilungsstörungen sowie chronischen Wunden. Auch für die ambulante Behandlung gibt es mittlerweile verschiedene Indikationen und Therapieoptionen zum Einsatz dieser innovative Behandlungsmethode.

Die aktuelle medizinische Evidenz sowie die organisatorischen und medizinische Voraussetzungen stellen wir Ihnen anhand zahlreicher Fallbeispiele vor. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit in praktischen Übungen die unterschiedlichen Modelle der NPWT selbst auszuprobieren und Anwendungstipps mit uns zu diskutieren.

 

Gar nicht erst krank werden - Impfungen - Dr. med. Ralph Brath

In diesem Kurs lernen Sie als Praxisteam die Grundlagen zum Thema Impfen kennen. Wir werden allgemeine Fragen besprechen, die sich an dem Alltag in der Hausarztpraxis orientieren (praktische Durchführung, Indikationen und Kontraindikationen, Impfabstände, Nebenwirkungen etc.). Außerdem wird speziell auf die aktuell wichtigsten Impfungen eingegangen. Wir werden dabei die Impfempfehlungen der STIKO berücksichtigen.

 


Der 4. Tag der Allgemeinmedizin wird in Kooperation und mit freundlicher Unterstützung durch den Bayerischen Hausärzteverbandes e.V. durchgeführt, dem an dieser Stelle ein besonderer Dank gilt!